Einschläfernd oder Nahtoderfahrung
- David Hinder
- 24. Juni 2018
- 3 Min. Lesezeit
In diesem Text geht es um den modernen, heterosexuellen Mann bei der Partnersuche.
Das mit dem dem heterosexuell muss man ja extra erwähnen. Es gibt Kräfte in diesem Land, die sind davon überzeugt, dass Homosexualität exponentiell ansteigt. Das sind die selben Kräfte, die glauben, dass wir von Muslimen überrant werden. Aber das hat auch was Gutes: wenn wir im Jahre 2085 nur noch homosexuelle Muslime in Deutschland haben, erledigt sich das Problem von selbst.
Aber zurück zum Thema: unser heterosexueller Mann hat eine Frau im Internet getroffen. Man chattet, mag sich, hatte schon zwei Dates, man lacht viel, hat Schmetterlinge im Bauch. Irgendwann kommt dann diese eine Nachricht.
„Worauf stehst du so?“ fragt sie.
Gemeint ist hier nicht Essen oder so, nur dass wir uns nicht falsch verstehen.
Unser heterosexueller Mann ist natürlich aus dem Häuschen! In der Erwartung auf aufregenden Dirty Talk richtet er sich schon mal bequem auf seinem Sessel ein und öffnet sicherheitshalber zwei Knöpfe der Hose, als schon die nächste Nachricht kommt. Ungeschickt mit einer Hand öffnet der heterosexuelle Mann den Messenger – er hat ja gerade nur eine zur Verfügung.
Doch was er dann liest hat den sexuellen Charme einer Forderungsaufstellung des Finanzamts Dortmund West.
„Ich stehe auf. Doppelpunkt.“
Und dann Gedankenstriche. Gedankenstriche.
Doch der Inhalt dieses sexuellen Amtsbriefes ist es, der unseren heterosexuellen Mann erst so richtig ins Grübeln bringt:
Gedankenstrich, dominante Männer, Gedankenstrich, an den Haaren gezogen werden, Gedankenstrich, den Hintern versohlt bekommen, Gedankenstrich, gewürgt werden.
Einen Moment lang fragt sich unser heterosexueller Mann, seit wann genau er eigentlich eine Verbrechervisage hat. Aber allzu viele Gedanken kann er sich nicht machen, denn die Aussicht auf Sex, sogar solchen, hat das Hirn wegen Blutleere auf Rudimentärbetrieb gestellt.
Beim nächsten Date beweist der Newcomer in der Dominanzszene (nicht zu verwechseln mit der SM-Szene) seine neuen Skills. Zu seinem Glück weiß die moderne Frau den modernen heterosexuellen dominanten Mann mittels interjektionaler Imperative präzise anzuleiten.
Dominanz funktioniert ja bekanntlich am besten, wenn man dem Dominierenden sagt, was er tun soll.
Am nächsten Tag fragt sich unser heterosexueller vermeintlich dominanter Mann vor allem zwei Dinge: „War ich gut?“ und „Habe ich noch Bepanthen?“ weil die Hände nach einer Nacht voller versohltem Arsch doch ziemlich wund sind.
Zumindest auf die erste Frage bekommt er eine Antwort, denn die Versohlte hat inzwischen bei Facebook ein Meme hochgeladen, in welchem sie fragt, ob es eigentlich noch echte Männer gebe.
Ein paar Monate später bekommt unser heterosexueller offenkundig nicht so dominanter Mann erneut eine Nachricht mit Gedankenstrichen und Würgeaufforderung, aber er hat dazu gelernt. Höflich sagt er ihr ab und tut das, was Männer zur Korrektur des Bluthaushaltes üblicherweise tun: er besucht eine Pornoseite.
Dort angekommen sucht er ca. 47,9 Minuten nach einem Filmchen, das nicht vollends abstoßend ist, um seinen Bluthaushalt dann innerhalb von 2,13 Minuten zu regulieren. Das Filmchen, das sich unser heterosexueller Mann anschaut, ist ein Machwerk, in welchem ein Darsteller namens Lörres-Lars eine Blondine namens Viktoria Vagina in so beeindruckendem Tempo penetriert, dass man im Stammbaum des Darstellers wenigstens einen Presslufthammer vermuten kann. Gegen Ende solcher Filmchen ballert Lörres Lars seine Ladung der in unterwürfiger Erwartungshaltungen knienden Viktoria Vagina ins Gesicht. Ein Gutes hat das: er kann seine Presslufthammer-Gene so wenigstens nicht weitergeben.
Viktoria Vagina hat sicher schon mal über einen Jobwechsel nachgedacht. Wer lässt sich schon gern in aller Regelmäßigkeit weiße, lauwarme, klebrige Gelee-Masse ins Gesicht schießen? Aber sogar eine Stelle beim Lidl zu finden, dürfte mit dem Namen Viktoria Vagina im Lebenslauf eher schwierig sein.
Nirgendwo sind die Rollen eindeutiger verteilt, als im Porno. Der Mann ist der repressive Rammler, die Frau die gedemütigte Gerammellte. Wer sich fragt, woher die Gier nach Unterwerfungsszenarien beim Sex kommt, muss nur in die Pornos gucken. Da muss die gute Viktoria schon mal ihr schauspielerisches Können mit dem Kopf in der Toilette beweisen, während Lörres Lars sein Presslufthammer-Genknatter durchzieht. Wie viel von dem Ekel eigentlich gespielt ist, bleibt fraglich. Oder sie stellt mitten in der gespielten Vergewaltigung fest: „Heureka, das macht aber doch Spaß, von diesem 25cm Presslufthammer ordentlich gegen meinen Willen durchgerammelt zu werden, holla die Waldfee! Wenn ich das vorher gewusst hätte...“
… hätte sie sich dann nicht gewehrt?
Wer schreibt so eine Scheiße? Und noch schlimmer, wer glaubt sowas? Es gibt Männer, die glauben, wenn sie eine Frau gegen ihren Willen nehmen, findet sie das trotzdem geil. Wer glaubt, dass Menschen Fiktives und Reales auseinanderhalten können, der kann ja mal den Schauspieler Jack Gleeson fragen. Das einzige, was beim Anschauen solcher Filme offenbar ziemlich gut gefickt wird, ist das eigene Gehirn.
Wie dem auch sei... Inzwischen sind wir an dem Punkt angekommen, an dem jede Art von Sex, beim dem die Frau nicht wenigstens vom Würgen blau anläuft, als Blümchensex gilt. Wir wissen ja alle, dass es nur zwei Zustände beim Vögeln gibt. Einschläfernd und Nahtoderfahrung.
コメント