Neues aus Absurdistan - Brainless Heart
- David Hinder
- 11. Dez. 2017
- 2 Min. Lesezeit

Der Tag ist da. Seit Monaten warte ich darauf. Die große Party, die fette Sause. Tanzen, Blödsinn machen, ordentlich einen hinter die Binde kippen. Und sie wird da sein. Mein Herz hüpft bei dem Gedanken. Es ist ein Idiot. Aber Herzen haben nun mal kein Gehirn, weswegen sie sich auch immer gern von dummen Leidenschaften anstecken lassen. Nationalismus, Mario Barth, Liebe – solche Dinge eben. An solchen Momenten ist besonders pervers, dass das Herz das Hirn quasi mitreißt. Oder ist der Muskel im Kopf gerade im Urlaub? Hallo? Hirn? Wo ist deine fundierte, sachliche Kritik? Ich meine, die Sache stand von Anfang an unter einem schlechten Stern. Und ich erhoffe mir von diesem Abend dennoch das Blaue vom Himmel. Wobei das mit dem blau sein in gewisser Hinsicht eintreten wird. Die Party läuft, es sind viele bekannte Gesichter da. Die trashige Musik dringt durch Mark und Bein. Was mich früher abgeschreckt, ja gar angeekelt hat, ist nun meine Chance zum Eskapismus. Ich mache jeden Blödsinn mit. Dafür bin ich bekannt. Dafür bin ich beliebt. Aber eigentlich warte ich nur auf sie. Obwohl sie schon da ist. Aber sie ist umringt von einer Herrenriege. Und ich hasse es einfach, mich in solchen Fällen dazu zu stellen und den primitiven Testosteron-Wettkampf zu spielen. Also trinke, lache, tanze ich weiter und schiele ständig zu ihr rüber. Verdammt, Herz, wenn du nicht bald still bist, dann müssen wir wohl mal zu Kardiologen. Plötzlich steht sie neben mir. Mein Herz setzt vor Freude einen Moment aus. Sie fasst mich um, wir unterhalten uns, verbringen viel Zeit dieses Abend Arm in Arm. Und jetzt kommt das vermalledeite Hirn aus dem Urlaub zurück. Dein Timing ist beschissen, Hirn! Was erwartet sie von mir? Wie soll ich mich verhalten? Soll ich sie küssen? Ihr anderweitig näher kommen? Hirn, halt's Maul! Du hattest deine Chance auf kritische Fragen. Geh wieder in deinen Urlaub. Etwas später, ich komme gerade von der Toilette wieder, redet sie mit einem anderen Typen. Einer von der Herrenriege am Anfang. Das Gespräch scheint intensiv, aber natürlich weiß ich nicht, worüber sie reden. Eifersucht kriecht in mir hoch. Ich weiß, dass ich im Grunde kein Recht darauf habe, aber so ist es nun mal. Ich versuche mich mit Partyblödsinn abzulenken, aber das Hirn, das offenkundig nicht in den Urlaub zurück will, überschüttet mich mit negativen Gedanken. Plötzlich der Supergau. Sie tippt mich an: „Wir sind dann mal weg.“ Und puff. Wie bei einem Dschinn bleibt nur eine Rauchwolke. Die Feinstaubgase vergiften mein Herz. Ich setze mich irgendwo in eine Ecke und fühle mich schlecht. Ich will mich auch schlecht fühlen.
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