Jetzt nicht. Später.
- David Hinder
- 1. März 2017
- 2 Min. Lesezeit
„Hey, dein Handy klingelt!“ rief einer vom Spielfeldrand. Jannek hielt einen Moment inne. „Deine Frau!“ „Ach!“ Er winkte ab. „Nicht jetzt. Rufe später zurück!“ Er wandte sich wieder dem Spiel zu und jagte dem Ball hinterher. Das Handy klingelte. Jannek saß in der Kneipe. „Wer ist dran?“ fragte einer. „Nur meine Frau. Nicht gerade jetzt. Ich melde mich später bei ihr.“ Er hob sein Glas und trank an diesem Abend noch viele weitere. „Bist du fertig?“ „Nee, noch nicht. Nur noch das Level.“ „Du und deine scheiß Playsation. Dein Sohn feiert Geburtstag, Herrgott!“ „Geh schon mal vor. Ich komme später nach.“ Eines Tages kam Jannek vom Fußball nach Hause. Die Wohnung war leer. Seine Frau und sein Sohn waren nicht da. In der Küche lag ein Zettel. Sind gegangen. Du warst nie da. Habe es nicht mehr ausgehalten. Jannek sackte zusammen, auf die Fliesen der hässlichen violetten Küche, die er immer so gehasst hatte. In dem viel zu teuren Mietshaus in der Gegend, so weit ab vom Schuss. „Du hättest dich eben mehr um deine Familie kümmern müssen,“ meinte sein bester Freund. „Ich weiß. Aber ich war nicht bereit.“ „Ach, und das wusstest du nicht vorher?“ Natürlich wusste er es. Irgendwo tief in seinem Innern. Er hatte es immer gewusst. Wenn er beim Fußball, in der Kneipe oder an der Playstation war, dann doch nur, weil er nicht das Gefühl hatte, irgendwas im Leben seiner Familie zu entscheiden zu haben. Sie hatte bestimmt, wann sie heiraten. Sie hatte bestimmt, dass es nun Zeit für Kinder wäre. Sie hatte die Gegend und das Haus ausgesucht. Sie hatte die Einrichtung bestimmt. Und er hatte sich zurückgezogen. Statt einmal zu sagen, dass er das alles jetzt noch nicht wollte. Hätte sie ihn dann verlassen? Er wusste es nicht. Aber jetzt war sie auf jeden Fall weg.
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